Unternehmenspodcast – Content is King! (August 1, 2019)

Laut einem Artikel der Handelszeitung experimentieren immer mehr Firmen mit Podcasts. Das scheint heute zum guten Ton zu gehören. Doch nicht immer hört man diesen Podcasts auch gerne zu. Der Frage, warum das so ist, geht der erwähnte Artikel nach. Leider beantwortet er sie nicht wirklich. Der Grund, weshalb Podcasts oft auf taube Ohren stossen, liegt zum grössten Teil in den Themen, die behandelt werden. Podcast-Fans sind grosszügig mit ihrer Aufmerksamkeit. Sie sind bereit, Podcastern lange zuzuhören. Bis zu einer Stunde und mehr. Doch sie erwarten Inhalte, die nicht einfach nur interessant sind. Podcast-Fans wollen immer auch etwas lernen. Sie tauschen Zeit gegen Wissen. Wenn Firmen also ständig nur über ihre eigene Einzigartigkeit reden, dann kann das nicht einmal die eigenen Mitarbeitenden über mehrere Episoden fesseln – egal ob es um HR-Themen, Produktinformationen oder Interviews mit Top-Managern geht. Menschen, deren Lebensunterhalt nicht von besagten Firmen abhängt, wollen nach 30-50 Minuten aufmerksamen Zuhörens auch etwas Neues wissen.

Geben ist besser als nehmen

Was also macht guten Inhalt aus? Warum also sollte man einem Unternehmen mehr als eine Episode lang zuhören? Es gibt nur einen Grund: Weil es persönlich bereichert. Novartis und Roche gehen da mit gutem Vorbild voraus. Nicht ihre Produkte per se sind interessant für die Menschen. Diejenigen, die es einnehmen müssen, kennen es wahrscheinlich bereits besser als die Firma selbst, denn sie spüren die (Neben-)Wirkungen am eigenen Leib. Diejenigen, die es verschreiben, wollen mehr wissen als Zusammensetzung und Einsatzgebiet, denn das können sie auch im Arztneimittel-Compendium nachlesen. Und diejenigen, die es kennen lernen wollen, weil ihre Liebsten davon betroffen sind, wollen so schnell wie möglich, also in einer einzigen Episode, alles Wichtige wissen und nicht in 14 Tagen den zweiten Teil der Erklärung abholen müssen. Es kann also nicht nur um die Produkte gehen. Es muss um den “Reason Why” gehen, um Zusammenhänge, um Wissensvermittlung und Befähigung.

Unternehmen, oder besser gesagt, Marketing- und Kommunikationsverantwortliche, müssen also lernen, dass Podcasts längerfristig nur funktionieren, wenn der Kunde mit seinem Interesse im Mittelpunkt steht. Auch hier heisst das Zauberwort: Customer Experience. Wer will schon jede Woche hören, wie gut sich das Unternehmen als Arbeitgeber findet? Wer glaubt schon, dass ein Unternehmen die eigenen Produkte wertfrei und objektiv diskutieren kann? Aufgeklärte Konsumenten jedenfalls nicht. Interessant sind deshalb die Podcasts, in denen kritisch diskutiert, Produkte ehrlich verglichen und Unternehmensprozesse aus verschiedenen Perspektiven besprochen werden. Dazu braucht es nicht nur interne Repräsentanten, sondern auch externe Experten. Und es kostet Mut, Zeit und den Willen, Themen jenseits des eigenen (Unternehmens-)Universums zu denken. Wer also langfristig mit Podcasts die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer gewinnen will, darf nicht nur nehmen, sondern muss auch ehrlich – etwas Wertvolles – zurückgeben.

Wie die richtigen Themen finden?

Die behandelten Themen sollten aus Zuhörer-Perspektive interessant und relevant sein. Und mit Zuhörern sind nicht nur Kunden gemeint. Kunden kennen das Unternehmen, das Produkt, die Leistung. Podcasts gehören als Medienkategorie, genau wie Videos, zur Sparte des Highlight-Contents, also Inhalt, der auch die Menschen berühren soll, die bisher noch gar nichts vom Unternehmen wussten oder sich nicht dafür interessierten. Um das zu erreichen, müssen die Themen für die Zuhörer relevant sein, sie berühren, ihnen einen echten Mehrwert geben. Unternehmens-Podcaster sollten sich daher bewusst sein, dass ihr Podcast wie eine Dauer-Radiosendung funktioniert und immer wieder für dieselben Zuhörerinnen und Zuhörer interessant sein sollte. Man kann sicher einmal über eine (Dienst-)Leistung sprechen. Aber nicht jede Woche, viermal im Monat, 50 Mal im Jahr. Das wird jedem schnell langweilig, sogar dem treusten Mitarbeiter.

Die Ideenfindung muss daher über die eigene Dienstleistung oder das eigene Produkt hinaus gehen. Die Inhalte und Themen der Podcasts sollten aus dem Leben gegriffen sein, die Zuhörer und Kunden in ihren Zielen unterstützen, ihnen Umstände und Zusammenhänge erklären und so eine Vertrauensgrundlage schaffen, die das Unternehmen als Ansprechpartner und Problemlöser qualifiziert. Ein einfaches Beispiel: Wenn mein Unternehmen einen Laufschuh verkauft, kann ich sicher in einer Folge über die Vorzüge dieses Schuhs sprechen und ihn mit anderen Modellen vergleichen. Doch meine Kunden kaufen diesen Laufschuh, weil sie damit etwas erreichen wollen: Bessere Laufzeiten, mehr Freude am Rennen, bessere Federung und Schonung der Kniegelenke, usw. Die Ziele, die meinen Bezugsgruppen wichtig sind, sollten auch mir als Unternehmen wichtig sein, denn am Ende sind sie irgendwie auch mein eigener “Reason Why”. Eine einfache Methode, relevante Themen zu finden, ist also, die Themen und Ziele, die Probleme und Herausforderungen, die meine Zielgruppe beschäftigen in Form einer Mindmap in Themenclustern zu visualisieren. Alle diese Themen sind einen Podcast wert: Wie ist ein Top-Läufer mit seinem Knieproblem umgegangen? Welche Tipps können Anfänger beim Lauftraining schnell und einfach umsetzen? Warum ist auch bei Büroschuhen ein gutes Fussbett wichtig? Wie trainiert ein Triatlon-Läufer seine mentale Kraft? Welche neuen Gadgets unterstützen mein Lauferlebnis? Und welche Geschichte hat ein 80-jähriger zu erzählen, der nach seiner Krebserkrankung mit Marathonlaufen begann?

Wer Podcast denkt, sollte also nicht die Absatz-Bedürfnisse des Unternehmens vor Augen haben. Podcast-Fans interessieren sich nicht für die Verkaufsförderung deines Unternehmens. Wer einen erfolgreichen Unternehmens-Podcast starten möchte, der muss von den Bedürfnissen und Problemen, den Fragen und Erfahrungswelten der Zuhörerinnen und Zuhörer ausgehen und die Podcast-Themen weit über die eigene Nase hinaus denken.

Bild mit freundlicher Genehmigung von Florante auf Pixabay